Konzert - Belcanto-Quintett Stuttgart beim Jubiläum - Mit Vergnügen -

REUTLINGEN-SONDELFINGEN. Zu einem Jubiläum lädt man sich Gäste ein. Das war auch in Sondelfingen so, als der Liederkranz in der Festhalle seine Gründung vor 120 Jahren feierte. Was aber, wenn die Gäste - das Belcanto-Quintett Stuttgart - sängerisch und in ihrem ganzen Auftreten so hochkarätig sind, dass sie dem eigentlichen Jubilar ein wenig die Schau stehlen?

Dann beginnt ein großes und vergnügtes Fest des Gesangs, bei dem das Publikum verwöhnt wird und bei dem es keine Rolle spielt, wer nun gerade auf der Bühne steht: der gemischte Chor des Liederkranzes oder das Herren-Quintett aus Stuttgart, das streng genommen ein Sextett ist, denn es besitzt einen fabelhaften Pianisten, der ein ganzes Orchester in den Fingern hat und der zudem ein Entertainer mit Witz und Lust am schnellen Wort-Wechsel ist. Das Publikum war von diesem quirligen Michael Kuhn am Klavier und am Mikro begeistert.

Der Liederkranz gab unter Robert Wieland von Anfang an die Richtung vor: Beschwingt und heiter sollte dieser Abend sein. Frisch und fesch wurde demgemäß ein Chor frei nach dem "Zigeunerbaron" gesungen. Noch ein bisschen lockerer und mit Schwung und Laune verliehen die Sängerinnen und Sänger bekannte Melodien aus Ufa-Filmen Farbe und dezente Süße. Dazu auch ein in Klang und Dynamik attraktives Gewand. Ein A-cappella-Satz von Gluck wurde sicher und mit schlankem Wohllaut vorgetragen.

Blödeln, pfeifen, brummen

Die Belcanto-Herren können alles. Großartig singen. Fantastisch ein Sinfonieorchester imitieren. Kleine kabarettreife Szenen hinlegen. Tanzen auf die komische Tour. Blödeln. Pfeifen. Brummen. Sie sind hinreißend wandlungsfähig. Zaubern mit den Stimmbändern. Und immer wieder ist das Resultat ein geschmeidiger, klarer, in der schönen Mischung der Stimmen charmanter und kraftvoller Gesang, der stundenlang nichts als Freude bereitet.

Sie können klassisch und romantisch und alles gleich erlesen. Sie lassen gute alte Zeiten gefühlvoll und mit einer Prise Ironie hochleben und die Sonne bei Capri wundervoll kitschig untergehen. Sie lieben die russische Folklore und breiten sie zwischen Andacht und rhythmischem Feuer aus und spielen die Balalaika, die gar nicht da ist. Perfekte Illusionisten.

Das alles steigert sich noch, wenn die drei Tenöre Peter Besch, Alexander Yudenkov und Wolfgang Isenhardt, der Bariton Bernhard Hartmann und der Bassist Helmut Kühnle sowie ihr sechster Mann am Klavier in Frack und Zylinder die Comedian Harmonists und ihren Gesang wiederbeleben. Wenn sich Glanz und Brillanz der Stimmen, ihre weiche und klare Verbindung, der freche Schuss Champagner darin und die Eleganz des lockeren, lässigen Tons vereinen und so Tiefschürfendes wie "Mein Onkel Bumba aus Calumba" oder "Maskenball im Gänsestall" in pointenreiche vokale Schmunzelnummern verwandeln. Aber: Dies alles hat Stil und Form. Zum Spaß mit Belcanto kommt das Erlebnis einer exquisiten Stimmkultur.

Gemeinsames Finale

Klangvolles Finale: Ein Potpourri aus der "Maske in Blau", das Liederkranz und Belcanto-Quintett gemeinsam gestaltet haben. Mit viel Farbe und noch mehr Temperament, wobei der Jubilar und seine Gäste so wohlgelaunt und unverbraucht gesungen haben, wie vor drei Stunden. Prächtiger Beifall. (hdw)