Vereinschronik
Im Jahre 1875, in einer Zeit, die von nationaler und patriotischer Begeisterung geprägt war, wurde in Sondelfingen ein „Militärverein“ gegründet.
Aus dieser Vereinigung hat sich 1885 eine Gruppe mit sangesbegeisterten, jungen Männern zusammengeschlossen und einen Chor mit dem unverfänglichen Namen „Gesangverein Sondelfingen“ gegründet, dem auch das 1878 erlassene „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ dem sogenannten „Sozialistengesetz Bismarcks“, nichts anhaben konnte.
Das Gründungsmitglied Karl Schenk war der Vorstand und Lehrer Volz war der Chorleiter.
Die Gründung des Vereins ist urkundlich nicht belegt, jedoch sprechen viele Hinweise auf das Geburtsjahr 1885.
Wie das älteste Archivbild des Vereins zeigt, wurde im Jahr 1906 die Vereinsfahne in einem feierlichen Festakt geweiht. Gleichzeitig erhielt der Verein den damals zeitgemäßen Namen „Liederkranz“.
Erste verbindliche „Vereinsstatuten“ wurden 1910 aufgestellt.
Wie weiter aus der Vereinschronik hervorgeht, wurde ab 1911 erstmals ein Protokollbuch geführt und ein Schriftführer bestellt.
Es wurde damals nur in den Wintermonaten, und zwar nur Sonntagnachmittags geprobt.
Bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges im Jahre 1914 konnte der Verein das kulturelle Leben der Gemeinde durch seine Mitwirkung bei weltlichen und kirchlichen Feiern bereichern.
Dann kam der I. Weltkrieg.
Protokolleintrag vom 25. Oktober 1914
Nachdem sich das Deutsche Reich seit dem 1. August im Kriegszustand befindet, wurde es wohl unserem deutschen Herz als eine Pflicht und Aufgabe, für sein treues, deutsches Heimatland zu streiten. Solche Streiter sind auch von unserem Verein eingezogen. 13 Mitglieder befinden sich zur Zeit im Feld. 3 Rekruten sind zu Ihren Truppenteilen eingerückt. 3 Mitglieder sind noch in den Garnisonen. Somit sind von unseren Verein 19 Mann eingerückt.
Protokolleintrag vom 31.Januar 1915
Der Punkt Wahlen konnte bei der Versammlung nicht erledigt werden, da
< bereits die Hälfte der Mitgliederzahl ins Feld eingerückt sind>.
Trotz der schwierigen Nachkriegsjahre, die Not, Entbehrung und Inflation mit sich brachten, gelang es dann, die aus dem Krieg heimgekehrten Sänger wieder zu formieren und ab Februar 1919 regelmäßige Singproben einzurichten.
Protokolleintrag vom 16. Februar 1919
Leider hat dieser Krieg auch in unserem Verein empfindliche Lücken gerissen.
7 Mitglieder sind gefallen, 1 Mitglied vermisst und 3 Mitglieder sind noch in Gefangenschaft.
Ab 22. Februar 1919 wurden wieder Singstunden abgehalten. Dirigent Hauptlehrer Breitling übernahm die musikalische Leitung. Ab August wurde 3x die Woche geprobt, dienstags, donnerstags und am Sonntagnachmittag von 12 bis 13 Uhr.
1923 – Inflationszeit !
Aus einem Protokolleintrag von geht hervor:
Ab Oktober war der Monatsbeitrag 5.000,00 Mark. Der Dirigent erhielt direkt nach der Singstunde sein Honorar. Der Jahresabschluss im Kassenbuch betrug ca. 20 Milliarden Mark.
1925 feierte der Verein im Gasthaus „Zur Rose“ sein 40 jähriges Stiftungsfest mit einem reichhaltigen Programm. Das Kassenbuch bezeugt ein Defizit von 12 Mark.
In den 30er Jahren wurde Deutschland wieder in voller Härte von den Auswirkungen des weltweiten wirtschaftlichen Kollapses getroffen. Sechs Millionen Arbeitslose zählte man Ende 1930. Zunehmende Unzufriedenheit und Radikalisierung bereiteten dem Nationalsozialismus den Weg.
Protokolleintrag vom Januar 1930
„Schlechter Singstundenbesuch“ gab den Anlass einer außerordentlichen Versammlung am 3. Januar.
Zur Diskussion stand, ob die Singstunden überhaupt weitergeführt werden sollen. Die 22 Anwesenden stimmten für eine Weiterführung.
Arbeitslosigkeit zwang den Verein , die Monatsbeiträge auf 25 Pfennig zu senken. Ferner kündigte der Verein die Mitgliedschaft beim Arbeitersängerbund, da die Beiträge zu hoch sind.
Trotz der sich überstürzenden politischen Ereignisse nahm die Vereinsarbeit des Liederkranzes weiterhin einen guten Verlauf.
Am 18. Mai 1935 wurde das 50 jährige Bestehen des Liederkranzes mit einem großen Festbankett und am 19. Mai mit dem Jubiläum als „Fest des deutschen Liedes“ und einem großen Festzug durch den geschmückten Ort gefeiert.
Dann kam mit nachstehendem Bericht vom 01. April 1939 der letzte
Eintrag ins Protokollbuch vor dem 2. Weltkrieg:
April 1939: Eingemeindungsfeier von Sondelfingen zu Reutlingen. Der Liederkranz beteiligt sich mit Gesangsvorträgen an der Zeremonie. Gleichzeitig soll es den Beweis erbringen, dass der Verein ein Stück Kultur, Liebe zur Heimat und Liebe zum Vaterland besitzt.
Mit diesem Bericht zur Eingemeindungsfeier beendet der Schriftführer seine offizielle Tätigkeit.
Zu Beginn des II. Weltkrieges im April 1939 verringerte sich die Sängerschar rapide. Immer mehr Sänger mussten unter der nationalistischen Herrschaft dem deutschen Vaterland mit der Waffe dienen. 8 Kameraden kehrten aus dem Krieg nicht mehr zurück.
Deutschland lag in Schutt, war besetzt und auf dem Tiefpunkt seiner Geschichte angelangt. Die Bevölkerung kämpfte unter der französischen Besatzungsmacht ums Überleben. Nach Kriegsende verhängte die Besatzungsmacht ein Versammlungsverbot und damit war eine Vereinstätigkeit nicht möglich.
Nach umständlichen Genehmigungsverfahren bei der französischen Militärverwaltung gelang es einigen Sängern mit Ihrem Vorsprecher Martin Schenk, den Liederkranz Sondelfingen mit 18 alten Sängern und 3 neue Sangesfreunden neu zu gründen. Mit einer neuen, amtlich genehmigten Satzung und einem monatlichen Mitgliedsbeitrag von 1,50 RM wurde die erste Singstunde am 07. November 1947 unter der Leitung von Herrn Oberlehrer Heinrich Schenk in einem Schulsaal abgehalten.
Das Weihnachtsfest 1947 konnte, dank des großen Engagements jener Sänger, im Saalbau der Gaststätte Hopfenburg würdig gefeiert werden. Die Feier musste, bedingt durch den großen Andrang der Einwohner noch zwei Mal wiederholt werden.
Am 08. März 1948 tritt der Liederkranz dem „Uhlandgau“, heute der „Chorvereinigung Ludwig Uhland“ im „Schwäbischen Sängerbund“, bei.
Bei der Generalversammlung am 25. Februar 1950 wurde unter dem Punkt „Verschiedenes“ Anträge zur Bildung eines Frauen- bzw. gemischten Chores gestellt. Dieser etwas empfindliche Punkt brachte sehr unterschiedliche Auffassungen der Mitglieder zum Ausdruck, aber bei der Abstimmung entschied sich die Mehrzahl der Sänger für die Bildung eines gemischten Chores. Der erste Auftritt des gemischten Chores war bei der Weihnachtsfeier am 26. Dezember 1950 und wurde mit großer Begeisterung aufgenommen.
Sein 75 jähriges Vereinsjubiläum konnte der Liederkranz 1960 feiern.
Mit einem Silcher-Festkonzert in der vollbesetzten Festhalle wurde das Jubiläum eröffnet.
Am folgenden Wochenende wurde dann das große Jubiläumsfest mit einem Festbankett im großen Bierzelt neben der Gaststätte Hopfenburg, einem großen Festzug und einem abschließenden Feuerwerk durchgeführt.
Am 04. März 1964 tritt der Liederkranz Sondelfingen als 8. Verein der Sängervereinigung „Sieben Schwaben“ bei und beteiligt sich im Mai zum ersten Mal an einem Sängerfest der „Sieben-Schwaben-Chorvereinigung“ in Kirchentellinsfurt.
1985 –Der Liederkranz Sondelfingen wird 100 Jahre alt.
Das 100 jährige Jubiläumsjahr wurde in einem würdigen Rahmen gefeiert. Der Auftakt wurde am 10. Mai mit einem Festakt und der Verleihung der Zelterplakette gemacht. Eine Vielzahl von Veranstaltungen folgten im Monat Mai und Juni. Die Feierlichkeiten nahmen alle einen glanzvollen und erfolgreichen Verlauf. Das Jubiläum wurde zu einem großen Höhepunkt in der Vereinsgeschichte des Liederkranzes.
Danach ging das Vereinsleben wieder in seine normalen Bahnen über, abgesehen von einigen besonderen Konzerten und Darbietungen, die zu besonderen Anlässen oder zu „kleinen“ Jubiläen durchgeführt wurden.
2010 feierte nun der Liederkranz Sondelfingen 1885 sein 125-jähriges Bestehen
Das Jubiläumsjahr war erfüllt mit einem vielfältigen Programm an Konzerten und Darbietungen. Das Spektrum reichte von einer festlichen Eröffnungsmatinee im März, einem Jubiläumskonzert im April, einem Singwettbewerb aller Sondelfinger Vereine und einem Freundschaftssingen der Chöre der „Sieben-Schwaben-Chorvereinigung“ und des Chorverbandes Bezirk Achalm im Juli, einem Kirchenkonzert mit den Don Kosaken im November bis zu dem alljährlichen Weihnachtskonzert am 3. Advent in der Stephanuskirche. Auch dieses Festjahr war ein Höhepunkt im Lebenslauf des Liederkranzes.
Der Liederkranz ist ein Stück Ortsgeschichte – über 125 Jahre mit einer Entwicklung vom armseligen Bauerndorf über eine selbstbewusste Handwerker- und Facharbeiterschaft zu einem explodierenden Stadtteil mit beliebter Wohnlage. Diese Sängergemeinschaft ist eingewoben in die Dorfgeschichte.
Sie hat in den Gründerjahren den Bismarckstaat erlebt. Zwei Weltkriege forderten Blutzoll. Der Nazistaat forderte "Gleichschaltung" und "Führerprinzip" im Vorstand.
Nach jedem Krieg ging von den Konzerten und Darbietungen Trost und Hoffnung aus - und neue Pflege der Dorfgemeinschaft.
Vorstände
seit dem Gründungsjahr 1885 |
Chorleiter
seit dem Gründungsjahr 1885 |
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1885 - 1905 | Karl Schenk | 1885 - 1900 | Lehrer Volz | |||
1905 - 1909 | Johannes Gaißer | 1901 - 1905 | Lehrer Beck | |||
1909 - 1913 | Martin Löffler | 1906 - 1912 | Lehrer Schaich | |||
1913 - 1920 | Gottlob Reinhardt | 1912 - 1920 | Hauptl. Breitling | |||
1921 - 1924 | Karl Lang | 1920 - 1921 | Otto Decker | |||
1925 - 1927 | Jakob Hipp | 1921 - 1922 | Lehrer Reiber | |||
1927 - 1936 | Karl Lang | 1923 - 1924 | Lehrer Gruber | |||
1936 - 1941 | Wilhelm Veith | 1924 - 1925 | Lehrer Belschner | |||
1941 - 1945 | Karl Schenk | 1925 - 1929 | Lehrer Kraft | |||
1947 - 1953 | Martin Schenk | 1929 - 1930 | Lehrer Naumer | |||
1954 - 1955 | Richard Günther | 1930 - 1932 | Lehrer Illenberger | |||
1956 - 1958 | Kurt Veith | 1932 - 1934 | Lehrer Köhrer | |||
1958 - 1960 | Karl Saur | 1934 - 1937 | Hauptlehrer Haug | |||
1960 - 1970 | Franz Rießler | 1937 - 1943 | Oberl. Reiff | |||
1970 - 1971 | Richard Lutz | 1947 - 1956 | Oberl. H. Schenk | |||
1971 - 1973 | Franz Rießler | 1956 - 1963 | Hauptl. L. Barwich | |||
1973 - 1975 | Franz Schnieringer | 1963 - 1976 | Martin Kuhn | |||
1975 - 1980 | Wolfgang Apprich | 1977 - 1980 | Heinz Schmid | |||
1980 - 1982 | Franz Fischinger | 1981 - 1987 | Franz Schnieringer | |||
Ernst Grauer | 1987 - 1998 | Eugen Markucik | ||||
Eugen Markucik | 1998 - 2013 | Robert Wieland | ||||
1982 - 1983 | Franz Fischinger | 2013 - 2015 | Axel Göller | |||
Ernst Grauer | 2015 - 2016 | Robert Wieland | ||||
Gerh. Westermayer | 2016 - | Olga Haas | ||||
1983 - 2004 | Ernst Grauer | |||||
2004 - 2015 | Karl-Ulrich Ruggaber | |||||
2015 - 2019 | Karl-Heinz Riedle | |||||
Lothar Bentele | ||||||
Rudolf Ruszat | ||||||
2019 - | Karl-Heinz Riedle | |||||
Lothar Bentele |